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Die Harvard Art Museums präsentieren Inventur—Art in Germany, 1943–55

Cambridge, MA,

Die Ausstellung zeigt Werke von Künstlerinnen und Künstlern aus Deutschlands wirrster Zeit, eine Kunst, die in den Vereinigten Staaten bisher weitestgehend unbekannt war.

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Vom 9. Februar bis 3. Juni 2018 ist die neueste Sonderausstellung der Harvard Art Museums zu sehen: Inventur—Art in Germany, 1943–55. Zum ersten Mal untersucht eine Ausstellung eine Epoche der deutschen Kunst, die nur höchst selten behandelt wird – die Dekade unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Zu sehen sind 150 Werke von fast 50 Künstlerinnen und Künstlern, besonders die Künstlerinnen waren zwar an den Ausstellungen jener Zeit beteiligt worden, aber später oft übersehen. Ein Großteil der Exponate war noch nie außerhalb Deutschlands ausgestellt.

Die Ausstellung, die ihren Titel einem 1945 entstandenen Gedicht von Günter Eich verdankt, konzentriert sich auf moderne Kunst, die zu einer Zeit entstand, als die Deutschen die Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust, die Niederlage und die Besetzung durch die Alliierten und die ersten ideologischen Auswirkungen des Kalten Krieges anerkennen mussten. In diesem Zusammenhang bedeutet „Inventur“ eine Sichtung nicht nur des künstlerischen, sondern auch des physischen und moralischen Bestands. Man vergewissert sich seiner eigenen Existenz, so wie sie sich in den Dingen des Alltags spiegelt. Auch die Ausstellung ist eine Bestandsaufnahme. Sie führt einem heutigen Publikum den Reichtum und die Vielfalt der modernen Kunst dieser Periode vor Augen und befragt darüber hinaus die Rolle des schöpferischen Menschen im Totalitarismus und der Folgezeit. Wesentliche Themen der Zeit – Humanismus, künstlerischer Pluralismus, Kommerzialisierung und technischer Fortschritt – kommen zur Sprache. Zum ersten Mal zeigt eine Ausstellung auf, dass diese Kunst ein Schlüssel zum Verständnis der kulturellen Identität der Deutschen im 20. Jahrhundert ist.

Inventur widmet sich einer Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern, die trotz der Schrecken des Krieges und seiner brutalen Folgen trotzig weiter geschaffen haben. Doch verdienen sie unsere Aufmerksamkeit nicht allein deshalb, weil sie weitergearbeitet haben, als die Not groß war, sondern auch deshalb, weil das, was sie schufen, wesentlich für die gesamte Geschichte der modernen deutschen Kunst ist“, erklärt Martha Tedeschi, Elizabeth and John Moors Cabot Director of the Harvard Art Museums. „Als lehrende Museen, die an die Universität angeschlossen sind – und zu denen gerade auch das Busch-Reisinger Museum gehört –, halten wir es für unsere Aufgabe, diese Kunstperiode ebenso sorgfältig zu betrachten wie die Werke, die ihre Künstler hervorgebracht haben.“

In der Kunstgeschichte Deutschlands ist die unmittelbare Nachkriegszeit immer wieder hinweggesehen worden. Kunsthistoriker und Kritiker nannten diese Ära eine der Apathie oder eine „Lücke“, da bedeutende Künstlerinnen und Künstler der Moderne infolge der nationalsozialistischen Kunstpolitik ins Exil oder in die Isolation getrieben worden waren. Die Ausstellung „Inventur“ konzentriert sich auf Künstlerinnen und Künstler, die den Krieg und seine Folgen in Deutschland – ob auf dieser oder jener Seite des Eisernen Vorhangs – durchlebt und sich an der nach Kriegsende und Niederlage neu erwachenden Kunstszene beteiligt haben. Das setzt voraus, dass diese Künstlerinnen und Künstler vom Nazi-Regime in ethnischer und politischer Hinsicht akzeptiert oder wenigstens toleriert worden sind. Über ganz Deutschland verstreut, arbeiteten sie in ganz verschiedenen Gattungen und Medien. Unterschiedlichen Generationen angehörend, verarbeiteten sie ihre vielfältigen Kriegserlebnisse basierend auf Vorkriegstraditionen, die einige aus eigener Erfahrung, andere nur aus der Anschauung kannten.

„Zweifellos ist dies eine sehr belastete Periode, die weiter kontrovers debattiert wird und Emotionen aufwühlt. Der Herausforderung, darüber zu sprechen, wollen wir uns keineswegs entziehen, wir ermuntern die Besucher allerdings dazu, genau hinzuschauen und zu versuchen, diese Werke aus sich selbst heraus zu begreifen. Es gilt herauszufinden, was sie uns sowohl über künstlerische Praxis als auch über die Hartnäckigkeit des kunsthistorischen Kanons zu sagen haben“, erklärt Lynette Roth, Daimler Curator of the Busch-Reisinger Museum, die die Ausstellung Inventur kuratiert hat. „Inventur schreibt das bislang fehlende Kapitel der deutschen Nachkriegskunst und kann uns dabei helfen jene Zeit und unsere Auffassung vom 20. Jahrhundert besser zu verstehen.“

Die Ausstellung Inventur beruht auf jahrelangen Recherchen von Roth und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und bezieht bedeutende neue Beiträge auf diesem Gebiet ein. Ein Großteil der Forschungsergebnisse ist der englischsprachigen Welt bislang unbekannt.

Ausstellungskonzeption
Die Ausstellung, die eine Reihe von Fallbeispielen beinhaltet, ist chronologisch aufgebaut. Von den kleinformatigen Zeichnungen und Fotoarbeiten der 1940er-Jahre reicht sie bis zu den großformatigen, bunten Leinwänden und den Zusammenarbeiten von Künstlern und Unternehmen in der folgenden Dekade, die 1955, dem Jahr der ersten documenta in Kassel, ihren Höhepunkt findet. Im Ganzen gesehen, erlauben die Exponate den Besuchern einen besseren Einblick in die deutsche Nachkriegszeit. Wie Inventur nachweist, gingen die Werke aus weit verstreuten Zusammenschlüssen, verwickelten Netzwerken und einer Vielzahl von selbstorganisierten Künstlergruppen hervor. Damit scheint die Vorstellung überholt, dass die Zensur der Nazis zu einer langen Phase schöpferischer Apathie geführt hätte. Vielmehr spielte die Kunst eine wichtige Rolle in den hitzigen Debatten über nationale und kulturelle Identität, die nach dem Krieg in Deutschland geführt worden sind.

In der Ausstellung sind bedeutende Künstlerinnen und Künstler aus allen Gegenden Deutschlands zu sehen, sie zeigt eine breite Vielfalt von Werken in ganz unterschiedlichen Medien: Fotografie, Collage, Fotomontage, Zeichnung, Malerei, Bildhauerei und Design. Zu den Künstlerinnen und Künstlern zählen: Willi Baumeister, Hermann Glöckner, Jeanne Mammen, Hans Uhlmann, Karl Hofer, Hannah Höch, Gerhard Altenbourg, Otto Steinert, Emil Schumacher und viele andere. Als schöpferische Persönlichkeiten, die unter den Bedingungen des Totalitarismus und dessen, was aus ihm folgte, lebten, machte jeder von ihnen die eigenen, unverwechselbaren Erfahrungen. In ihrer Kunst finden sich vielfältige Perspektiven, unterschiedliche Niveaus von künstlerischem Erfindungsreichtum und kritischer Herangehensweisen. Die Ausstellung ist bestückt aus der Sammlungen des Busch-Reisinger Museums und des Fogg Museums, die beide zu den Harvard Art Museums gehören. Weitere Exponate kommen aus über 50 privaten und öffentlichen Sammlungen in Deutschland und von einigen Leihgebern in den USA.

Zu den Fallbeispielen der Ausstellung gehören folgende Künstlerinnen und Künstler:

Willi Baumeister (1889–1955): Als einer der bekanntesten Künstler jener Zeit ist Willi Baumeister auch in Inventur stark vertreten. Er spielte eine bedeutende Rolle als Künstler, Lehrer und Theoretiker. Nachdem er 1933 als Lehrkraft an der Städelschule abgesetzt worden war, gelang es ihm auch, nachdem die Nazi-Kultur-Institutionen sein Werk aus den Galerien verbannt und ihm selbst verboten hatten, Kunst her- oder auszustellen, sein Leben zu bestreiten. 1943 wurde sein Haus in Stuttgart bei einem Luftangriff schwer beschädigt, deshalb zog er nach Bad Urach am Fuß der Schwäbischen Alb. Unter diesen schwierigen Umständen musste sich der Künstler darauf beschränken, auf kleinformatigen Papierbögen zu zeichnen. So entstanden zwischen April und Oktober 1943 über 480 Zeichnungen – ein Fünftel dessen, was er in seinem ganzen Leben zeichnen sollte. Damals schrieb er auch seine einflussreiche Apologie der modernen Kunst, Das Unbekannte in der Kunst; sie erschien 1947.

Nach Jahren der künstlerischen Isolation unter dem Naziregime, begrüßte Baumeister das Kriegsende als Befreiung. Wachstum der Kristalle II (1947/52), eine Arbeit, die zu dem Zyklus der Metaphysischen Landschaften zählt, spiegelt diesen Optimismus. Die freundlichen Farben und die leuchtende Oberfläche dieses Gemäldes weisen auf eine lichte Zukunft voraus, zugleich bezieht es Technik und Formen mit ein, die tief in Baumeisters früherem Werk wurzeln, und wird so zu einem visuellen Inventar seines Œuvres.

Wilhelm Rudolph (1889–1982): Die Kriegserfahrung an der „Heimatfront“ zwang einige Künstler, sich mit ihrem eigenen Selbstverständnis auseinanderzusetzen, so auch den in Dresden ansässigen Wilhelm Rudolph. Rudolph, der zunächst Mitglied der Kommunistischen Partei war, trat 1931 in die NSDAP ein, um nur ein Jahr später wieder auszutreten. Vom 13. bis 15. Februar 1945 bombardierten die Alliierten Dresden pausenlos. Die Stadt wurde nur wenige Stunden nach dem ersten Schlag zum größeren Teil in Schutt und Asche gelegt. Obwohl dies gar nicht der schwerste Luftangriff während des Zweiten Weltkriegs war, wurde nach ihm heftig darüber gestritten, welches seine moralischen und strategischen Absichten gewesen sein könnten. Die Zerstörung wurde von den Nationalsozialisten und später auch von der SED zur Propaganda gegen die (westlichen) Alliierten und die Amerikaner genutzt.

Am Morgen des 14. Februar – also nur einen Tag nach dem Beginn des Luftangriffs auf Dresden – begann Rudolph, der bei dem Angriff sein Wohnhaus und sein komplettes künstlerisches Werk verloren hatte, damit, nach und nach die Straßen der Stadt zu zeichnen. Binnen eines Jahres entstanden 200 Federzeichnungen, Das zerstörte Dresden (1945/1946). Er habe „wie besessen gezeichnet“, erinnerte er sich an seine unaufhörliche Beschäftigung mit den Ruinen. Seine Zeichnungen werden oft „Dokumente“ genannt, aber seine Darstellungen sind alles andere als neutral. Bei Zöllnerstr. etwa nimmt Rudolph eine Perspektive ein, die das ganze Ausmaß der Zerstörung offenbart. Später übersetzte er diese Zeichnungen in Holzschnitte. Auch während seiner Karriere in der DDR blieben diese Bilder im Zentrum des Interesses. In der antifaschistischen DDR galt, dass Zivilisten aus der Arbeiterklasse während des Nationalsozialismus ausschliesslich Opfer gewesen seien.

Jeanne Mammen (1890–1976): Mammen, bekannt für ihre Darstellung der „Neuen Frau“ in beliebten deutschen Zeitschriften der 1920er-Jahre, begann während der Nazizeit in einem kubo-expressionistischen Stil zu malen. Das war eine überraschende Wende für eine Künstlerin und Illustratorin, die gewöhnlich mit dem kritischen Realismus der Neuen Sachlichkeit verbunden worden war. Mammen blieb während des Krieges in Berlin. Ihr neuer, abstrakter Stil, mit dem sie vor allem Porträts von Soldaten und Zivilisten malte, stand in direktem Gegensatz zur Nazi-Zensur. Sie gehörte nicht der Reichskammer der bildenden Künste an, die es ihren Mitgliedern erlaubte, weiter Malutensilien zu kaufen und ihre Werke öffentlich auszustellen. Stattdessen als Werbegrafikerin angemeldet, malte sie in ihrem kleinen Atelier mit Plakat-Tempera-Farbe auf Karton, ein Material dass für den Luftschutz benutzt wurde.

Mammens Einfallsreichtum, was die Verwendung von Gefundenem betrifft, bewies sich auch angesichts des Materialmangels nach Kriegsende. Einfach alles habe verwendet werden müssen, schrieb sie. Inventur zeigt Mammens mit ganz unterschiedlichen Materialien entstandene Arbeiten. Beispielsweise besteht Ohne Titel [Profile] (ca. 1945/1946) unter anderem aus drei Stücken von weggeworfenem Draht, der angeblich aus einer russischen Baracke unweit ihres Hauses stammte. Der Draht ist mit krummen Nägelchen an einen pastos gemalten, weißen Hintergrund geheftet. Die Profile zweier Menschen überlappen sich hier in zwei Strängen: Die Kontur des einen, links, umschreibt ein roter Draht, entlang dessen Verlauf grüne Farbe aufgetragen worden ist, das andere Profil dagegen zeigt sich rechts, blau ausgemalt, innerhalb des Gesichts des ersten. Die Skulptur Hermaphrodit (ca. 1945–1949) ist ebenfalls ein Doppelporträt, es erinnert daran, wie die Geschlechtergrenzen zerfließen können, aber vielleicht auch an Mammens Doppelleben als heimliche moderne Künstlerin mitten in Nazi-Deutschland.

Anneliese Hager (1904–1997): Die Künstlerin und Dichterin Anneliese Hager durchlief in den frühen 1920er-Jahren eine Ausbildung als Fotografin und arbeitete als Assistentin für Mikrofotografie am Kaiser-Wilhelm-Institut (heute Max-Planck-Institut) in Berlin. Inspiriert von Man Ray und László Moholy-Nagy, deren Arbeiten sie von Reproduktionen kannte, begann Hager Mitte der dreißiger Jahre damit, Fotogramme herzustellen. 1940 zog sie nach Dresden. Während der Bombenangriffe wurde am 13. Februar 1945 Hagers gesamte Habe – einschließlich ihrer frühen Fotogramme – zerstört. Zerstört wurden damals auch die Arbeiten ihres Künstlerkollegen und späteren Ehemanns K. O. Götz. Ausgebombt, zog sie mit ihren drei Kindern in das ländliche Königsförde nahe Hannover.

Die Materialnot während des Krieges und danach reizte Hagers Kreativität an. Ihre Fotoarbeiten verbinden häufig natürliche mit abstrakten Formen, sie wählt immer neue Herangehensweisen an das Medium. Auf Ohne Titel von 1947 setzt Hager eine Mehrfachbelichtung dazu ein, die Techniken der gewöhnlichen Fotografie – ein Profilbild von sich selbst – mit denen der kameralosen Fotografie zu kombinieren. Während der 1950er-Jahre werden ihre Fotogramme größer und verwenden alle möglichen Materialien von Textilien bis zu flüssigem Klebstoff. Bis 1972 fertigt sie weiter Fotogramme an, obwohl sie selbst feststellte, dass das Interesse am Medium abnahm. Ihr Beitrag zur Kunst der unmittelbaren Nachkriegszeit ist wie der ihrer Kolleginnen Louise Rösler und Jeanne Mammen zum großen Teil in Vergessenheit geraten.

Konrad Klapheck (geb. 1935): Klapheck ist der jüngste Künstler von Inventur und der einzige, der nach 1930 geboren worden ist. Als Kind zweier prominenter Düsseldorfer Kunsthistoriker war die Welt, in der er aufwuchs, von Kunst reich bestimmt. Als seine Geburtsstadt bombardiert wurde, floh seine Mutter 1942 mit ihm nach Leipzig. Doch im darauffolgenden Jahr wurde auch Leipzig bombardiert; Klapheck erinnerte sich später an den feuerroten Himmel nicht als an etwas Bedrohliches, sondern als an ein „großartiges Spektakel“. Ende 1945 kehrten Klapheck und seine Mutter nach Düsseldorf zurück, das fast vollständig zerstört war. Eine von nur wenigen überlieferten Tuschezeichnungen, Landschaft mit Ruinen (1950), zeigt die weitläufige öde Umgebung, in der der Künstler als Knabe spielte. Die „Ruinen gefielen mir außerordentlich gut“, hat er über den Zustand seiner seligen Unwissenheit gesagt.

1955, noch bevor die Pop Art in Großbritannien und den USA Fuß fasste, malte Klapheck bereits sein erstes „Maschinenbild“, Schreibmaschine. Er studierte damals an der Düsseldorfer Kunstakademie bei (dem ebenfalls bei Inventur vertretenen) Bruno Goller. Die Aufgabe, ein Stillleben zu malen, löste der zwanzigjährige Klapheck, indem er eine geliehene Schreibmaschine der Marke Continental wählte. Er hat das Ergebnis später als ein kaum schmeichelhaftes Selbstporträt beschrieben und als „die Entdeckung meiner selbst.“ Klaphecks Vorliebe für Objekte aus Büro und Haushalt – erst Schreib-, dann Nähmaschinen, Wasserhähne, Telefone, Bügeleisen, Schuhspanner und anderes – lief der in jener Zeit vorherrschenden Abstraktion zuwider. Klapheck bestand darauf, dass Maschinenbilder immer von Menschen gehandelt haben und handeln. Der Mensch spiegele sich in den Dingen, die er produziert, sagt Klapheck, der im Lauf der Zeit über 40 Schreibmaschinen gemalt hat.

Bedeutung der ausstellenden Institution
Das Busch-Reisinger Museum gehört zu den drei Museen, die gemeinsam die Harvard Art Museums bilden. Unter den nordamerikanischen Kunstinstutionen zeichnet sich dieses Museum dadurch aus, dass es alle Gattungen und Perioden der Kunst in Mittel- und Nordeuropa untersucht und dabei ein Schwergewicht auf die deutschsprachigen Länder legt. Es gibt nur eine Handvoll Museen in den Vereinigten Staaten, die Sammlungen auf Weltklasseniveau aus dieser Region besitzen. Unter ihnen ist das Busch-Reisinger Museum das einzige, das seine Sammlung in einem universitären Umfeld pflegt. Die Ausstellung von Inventur fällt mit dem 115. Jahrestag der Gründung des Museums im Jahre 1903 zusammen; seither ist es führend in der Erforschung deutscher Kunst. Die Ausstellung erinnert auch an die kurze Rezeption deutscher – insbesondere bundesdeutscher – Kunst der fünfziger Jahre in den USA, auch an diesem Museum.

Katalog
Die Ausstellung wird von einem Katalog mit vielen Abbildungen begleitet. Die Publikation, die erste zum Thema in englischer Sprache, leistet einen erheblichen Beitrag zum wissenschaftlichen Verständnis der deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts. Zwei Essays und sechzig Texte zu einzelnen Künstlerinnen und Künstlern sowie zu verschiedenen Gruppen von Objekten behandeln eine Vielzahl von Themen, darunter die deutsche Schuld und Opferrolle, die Ruinenlandschaft nach dem Krieg, die Debatten über Humanismus, Gender und die umfangreichen technischen Experimente der Zeit. Für jeden Leser, der an der deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts interessiert ist, ist der Band eine ergiebige Quelle. Kuratorin Lynette Roth hat den Titelessay geschrieben. Er bietet eine gründliche Einführung in die kulturellen, politischen und sozialen Bedingungen der Zeit. Ilka Voermann, früherer Renke B. und Pamela M. Thye Fellow in the Busch-Reisinger Museum, legt einen Essay über die Rezeption der Kunst jener Zeit in den USA vor und berücksichtigt dabei auch die führende Rolle des Busch-Reisingers. Doktorandinnen und Doktoranden, die als wissenschaftliche Mitarbeiter am Projekt mitwirkten, haben Artikel zu einzelnen Objekten verfasst. Der Katalog, der von den Harvard Art Museums veröffentlicht und von der Yale University Press vertrieben wird, ist nun im Museumsshop erhältlich.

Begleitprogramm
Ein vielseitiges Programm zur Ausstellung mit Vorträgen, Workshops und Aufführungen von Studenten sowie eine Filmreihe führen tiefer in die künstlerische Produktion und in die politische Landschaft Nachkriegsdeutschlands ein. Bei der Vernissage am Donnerstagabend, 8. Februar 2018, wird Konrad Klapheck zugegen sein, der einzige lebende Künstler der Ausstellung. Monatliche Galeriegespräche und Workshops im Material Lab (Stofflabor) gehen detailliert auf die Arbeit der Künstlerinnen und Künstler ein und werden ein besonders Augenmerk darauf haben, wie die in Deutschland vom Krieg bestimmte Industrieproduktion und der fehlende Zugang zu herkömmlichem Künstlerbedarf die künstlerische Arbeit in den späten 1940er-Jahren und danach bestimmt haben. Eine Reihe von Aufführungen, von klassischen Werken und Theater bis hin zur Avantgarde des Studios für elektronische Musik am WDR in Köln, werden die menschliche Erfahrung und die Tonlandschaft Nachkriegsdeutschlands erkunden. Mit Blick auf Inventur wird das Harvard Film Archive eine Reihe mit deutschen Nachkriegsfilmen präsentieren. Kuratiert wird sie von Haden Guest, Director of the Harvard Film Archive and Senior Lecturer on Visual and Environmental Studies (etwa: Bildwissenschaft und Umweltstudien), und Eric Rentschler, Arthur Kingsley Porter Professor of Germanic Languages and Literatures. Detaillierte Informationen über das Begleitprogramm werden verfügbar sein unter harvardartmuseums.org/visit/calendar.

Presse-Vorbesichtigung
Eine Vorbesichtigung von Inventur für Pressevertreter findet am Montag, 5. Februar 2018, um 15 Uhr statt. Um Anmeldung bis zum 2. Februar wird gebeten unter jennifer_aubin@harvard.edu oder 617-496-5331. Parkmöglichkeiten sind mit Parkschein in der nahe gelegenen Broadway Garage, 7 Felton Street, möglich. Wer einen Parkschein erhalten möchte, melde dies bitte in seiner Mail an.

Nachweise und Danksagung
Inventur—Art in Germany, 1943–55 wird ausgerichtet von den Harvard Art Museums und kuratiert von Lynette Roth, Daimler Curator of the Busch-Reisinger Museum und Leiterin der Abteilung für moderne und zeitgenössische Kunst an den Harvard Art Museums.

Unterstützt wird das Projekt vom Verein der Freunde des Busch-Reisinger-Museums und von verschiedenen Fonds, darunter dem Daimler Curatorship of the Busch-Reisinger Museum Fund, dem M. Victor Leventritt Fund und dem Richard L. Menschel Endowment Fund. Darüber hinaus werden die Programme für moderne und zeitgenössische Kunst zum Teil ermöglicht dank der großzügigen Förderung des Emily Rauh Pulitzer and Joseph Pulitzer, Jr., Fund for Modern and Contemporary Art.

Über die Harvard Art Museums
Die Harvard Art Museums beherbergen eine der größten und angesehensten Kunstsammlungen der Vereinigten Staaten und bestehen aus drei Museen (dem Fogg, dem Busch-Reisinger und dem Arthur M. Sackler Museum) sowie vier Forschungszentren (Straus Center for Conservation and Technical Studies, Center for the Technical Study of Modern Art, Harvard Art Museums Archives und Archaeological Exploration of Sardis). Das Fogg Museum sammelt westliche Kunst vom Mittelalter bis heute, das Busch-Reisinger Museum widmet sich als einziges unter den nordamerikanischen Museen der Untersuchung aller Kunst-Gattungen und Perioden in Mittel- und Nordeuropa, mit Schwerpunkt auf den deutschsprachigen Ländern, und das Arthur M. Sackler Museum befasst sich mit asiatischer, antik-mitteleuropäischer und nahöstlicher sowie islamischer und später indischer Kunst. Insgesamt verfügen die Harvard Art Museums über 250.000 Objekte aus allen Sparten. Die Harvard Art Museums zeichnen sich durch die Reichweite und Tiefe ihrer Sammlungen, ihre wegweisenden Ausstellungen und die von ihren Mitarbeitern betriebene Forschung aus erster Hand aus. Da sie zur Harvard University und ihrer weitläufigen Gemeinschaft gehören, dienen die Kunstmuseen und Forschungszentren auch als Quellen für Studenten, Gelehrte und das allgemeine Publikum. Schon seit mehr als hundert Jahren sind sie eine hervorragende Ausbildungsstätte für Museums-Mitarbeiter und sind berühmt für ihre bahnbrechende Bedeutung beim Aufbau des Fachs Kunstgeschichte in den USA. Die große Tradition des Kunstgeschichtsunterrichts an den Harvard Art Museums zeichnet sich nicht zuletzt dadurch aus, dass hier stets die Untersuchung der Geschichte der Objekte unverzichtbarer Teil der Lehre war, dazu zählen Aspekte der Restaurierung und Bewahrung ebenso wie technische Studien.

Als die Harvard Art Museums 2014 renoviert und erweitert worden sind, vereinigten sie, der Tradition ihrer Häuser gerecht, ihre drei ausgezeichneten Sammlungen zum ersten Mal unter einem Dach. Renzo Pianos Verbindungsbau, der Renzo Piano Building Workshop, erhielt einerseits das bedeutende, 1927 errichtete Gebäude des Fogg Museum und passte den Raum andererseits den Bedürfnissen des 21. Jahrhunderts an. Die Museen verfügen seither über eine um 40 Prozent größere Ausstellungsfläche, ein erweitertes Studienzentrum, Labore für konservatorische Arbeiten und Unterrichtssäle, außerdem über eine beeindruckende Glasdecke, die den Altbau mit zeitgenössischer Architektur verbindet. Die drei Museen behalten ihre unverwechselbare Eigenart innerhalb dieser Einrichtung. Gleichzeitig bietet ihre große Nähe zueinander aufregende Möglichkeiten, Kunstwerke in einem größeren Kontext zu sehen. harvardartmuseums.org.

Öffnungszeiten und Eintrittspreise
Täglich, 10–17 Uhr. Geschlossen an gesetzlichen Feiertagen. Eintritt: Erwachsene 15$, Senioren (über 65 Jahren) 13$, auswärtige Studenten (über 18 Jahren) 10$. Freier Eintritt für Mitglieder, Jugendliche unter 18 Jahren, Bewohner von Cambridge (Wohnsitznachweis erforderlich), sowie Studenten, Mitarbeiter und Angestellte von Harvard (plus einen Gast). Bewohner von Massachusetts (Wohnsitznachweis erforderlich) erhalten an Sonntagen von 10 Uhr bis Mittag freien Eintritt. Weitere nützliche Informationen für Ihren Besuch erhalten Sie unter harvardartmuseums.org/plan-your-visit.

Die Harvard Art Museums werden unterstützt vom Massachusetts Cultural Council.

Kontakt für weiterführende Informationen:
Lauren Marshall
Associate Director of Communications
Harvard Art Museums
617-495-4750
lauren_marshall@harvard.edu

Jennifer Aubin
Public Relations Manager
Harvard Art Museums
617-496-5331
jennifer_aubin@harvard.edu